Wer sind Abkömmlinge?  
Erschienen in:  Pester Lloyd, größte deutschsprachige Zeitung Ungarns

 

In den einschlägigen Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 1924 ff. BGB) wird das Verwandten-Erbrecht der Hinterbliebenen des Erblassers vorgesehen. Hierbei wird grundsätzlich die Blutsverwandtschaft berücksichtigt.

 

Es gibt die gesetzlichen Erben erster, zweiter und Dritter Ordnung. Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. Hierzu gehören auch uneheliche Kinder als gesetzliche Erben erster Ordnung. Ist ein direkter Abkömmling des Erblassers verstorben und hinterlässt er eigene Abkömmlinge, so treten diese an die Stelle des vorverstorbenen Elternteils. Werden von einem Abkömmling keine eigenen Abkömmlinge hinterlassen, so wächst der Anteil am Nachlass des Erblassers den übrigen Erben zu. Erben zweiter Ordnung sind Eltern und, wenn diese bereits verstorben sind, die Geschwister des Erblassers. Sie erben nur dann, wenn beim Tod des Erblassers keine Abkömmlinge vorhanden sind. Erben dritter Ordnung sind die Großeltern, Onkel und Tanten.

 

Festzuhalten bleibt, dass die eine Ordnung von Erben, sofern vorhanden, die nachfolgende Ordnung ausschließt. Zu Lebzeiten kann der spätere Erblasser grundsätzlich über sein Vermögen frei verfügen. Ebenso ist der Erblasser dahingehend frei, bei Vorhandensein mehrerer Erben einen Erben zu bevorzugen. Diesbezüglich bedarf es jedoch einer testamentarischen Verfügung.

 

Grundsätzlich erhält jeder Erbe innerhalb einer Erbenordnung den gleichen Anteil, mit Ausnahme des Ehepartners. Dieser erhält ein gesondertes Erbteil. Gibt es Abkömmlinge, so erbt der Ehepartner neben diesen nur ein Viertel des Nachlasses. Ist die Ehe kinderlos geblieben, erhält der Ehepartner drei Viertel des Nachlasses. Das übrige Viertel erhalten die Eltern bzw. Geschwister des Erblassers. Wenn keine weiteren Erben vorhanden sind, erhält der Ehepartner die gesamte Erbschaft.

 

Selbstverständlich darf der Ehepartner den ehelichen Haushalt und Hochzeitsgeschenke als sogenanntes Voraus behalten. Darüber hinaus erbt der Ehegatte zu dem Anteil ein weiteres Viertel, wenn die Eheleute in dem gesetzlichen Güterstand der sogenannten Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Dies ist dann der Fall, wenn die Eheleute keine Gütertrennung bzw. Gütergemeinschaft geregelt haben, was in einem notariell beurkundeten Ehevertrag vereinbart werden muss.

 

Beispiel:

 

Vater, Mutter, Sohn A und Tochter B.

Vater verstirbt, keine testamentarische Verfügung. Gesetzlicher Güterstand der Zugewinngemeinschaft; in diesem Fall erbt die Ehefrau ein Viertel zzgl. einem weiteren Viertel, d.h. insgesamt ein halb des Nachlasses des verstorbenen Mannes, die Kinder A und B erben je ein Viertel.

 

Weit verbreitet ist die Ansicht, dass bei kinderlosen Ehepaaren beim Tod eines Partners der Überlebende alles erbt. Dies ist falsch. Es erben immer die Eltern bzw. Geschwister des Verstorbenen dann mit, wenn keine testamentarische Verfügung vorliegt. Hinzuweisen ist noch darauf, dass Ehepartner ohne Trauschein grundsätzlich kein Ehegatten-Erbrecht haben.

 

Sind gar keine Erben vorhanden, erbt letztendlich der Staat. Im Erbrecht ist vor allem der Wille des Erblassers entscheidend. Es ist daher grundsätzlich jedem anzuraten, schon in Hinblick auf die jeweilige persönliche und familiäre Situation erbrechtliche Regelungen zu treffen und diese nicht allein der gesetzlich vorgegebenen Regelung zu überlassen.

 

 

Herbert Wild