Tauziehen um den Aufsichtsrat

   
Keine Klärung der Machtverhältnisse auf der HV der Kässbohrer AG

Am 28.03.2003 fand in Laupheim bei Ulm die Hauptversammlung der Kässbohrer Gelän-defahrzeuge AG statt. Mit einer Dauer von über acht Stunden dürfte die Hauptversamm-lung für dieses Unternehmen mit Sicherheit aus dem Rahmen gefallen sein. Im Grunde ging es um die Machtverhältnisse im Aufsichtsrat.

Adolf Merckle ist der Lenker eines Konzerns, der sicher zu den größten in Baden-Württemberg gehört.
Die Merckle-Gruppe macht einen geschätzten Jahresumsatz von ca. 17 Mrd. Euro mit Beteiligungen wie etwa Ratiopharm oder - mit mehr als 50% - der Kässbohrer Gelände-fahrzeuge AG. Bei deren Hauptversammlung kam es zum Machtkampf zwischen den Hauptaktionären, nämlich der Merckle-Gruppe und der Kreissparkasse Biberach, die mit 39,01% an Kässbohrer beteiligt ist.
Der Aufsichtsrat sollte nach dem Vorschlag der Verwaltung zu 100% durch die Merckle-Gruppe (drei Aufsichtsratsmitglieder) besetzt sein. Vorsitzender ist der Sohn von Adolf Merckle, Ludwig Merckle, und weiteres Aufsichtsratsmitglied ist die Geschäftsführerin der VEM Vermögensverwaltungs GmbH Frieß (Merckle-Gruppe). Der bisherige Aufsichtsrat Weigele, der Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Biberach, sollte aus dem Auf-sichtsrat ausscheiden und der 69 Jahre alte Adolf Merckle wieder in den Aufsichtsrat zu-rückkehren, aus dem er vor circa zwei Jahren ausgeschieden war.

Uneinigkeit im Aufsichtsrat
Merckle gab an, dass er seinerzeit aus Enttäuschung aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden sei, unter anderem, weil man seinen Ratschlägen nicht gefolgt war. Darüber hinaus führ-te er aus, der neue Montage- und Verwaltungskomplex von Kässbohrer in Laupheim mit 25 Mio. Euro zu teuer, denn zur Marktführerschaft gehöre auch die Kostenführerschaft. Auch würden die Einkommen der Vorstände am oberen Limit liegen.
Des weiteren habe er auch die Befürchtung, dass der Aufsichtsrat Weigele bzw. die Kreis-sparkasse Biberach im Aufsichtsrat durch Nicht-Anwesenheit Beschlüsse verhindern könnte. Alle Aktionärsvertreter appellierten an eine Einigung im Aufsichtsrat, da das Wohl des Unternehmens und der Mitarbeiter auf dem Spiel steht. Zudem führte ein Vertreter der Kreissparkasse aus, dass man rechtliche Schritte einleiten werde. Auch ist im Rah-men der Hauptversammlung nie ganz klar geworden, welcher Stimmenanteil nun genau durch die Merckle-Gruppe vertreten wird.


Firmenchef muss gehen
Vorstand Grobler hatte in einer Erwiderung auf die Vorstellungsrede von Merckle und dessen Aussagen seine Sicht der Dinge wiedergegeben. Er hielt einen breit aufgestellten Aufsichtsrat (mit Vertreter der Kreissparkasse Biberach) für sinnvoll, mit Weigele habe immer ein gutes, vertrauensvolles und intensives Arbeitsverhältnis bestanden. Auch fand Grobler es unerhört, dass in der Öffentlichkeit so über die Vorstandsgehälter hergezogen wird. Die Kosten des Baus des Montage- und Verwaltungsgebäudes in Laupheim halte er für nicht überzogen. Das waren mehr als deutliche Worte im Angesicht des Hauptaktio-närs, die nicht jeder Vorstand so gefunden hätte. Letztendlich war die Folge, dass einige Tage später der Vorstand Grobler vom Aufsichtsrat freigestellt wurde.

Fazit
Hier wurden nicht nur die Interessen der Kleinaktionäre mit Füßen getreten, sondern auch die Interessen eines Großaktionärs, der Kreissparkasse Biberach, welche mit ca. 40% an der Kässbohrer Geländefahrzeug AG beteiligt ist. Kosten, die nun durch einen Rechtsstreit entstehen und der Image-Schaden gehen letztendlich auch wieder zu Lasten der Kleinaktionäre. Merckle meinte, aufgrund der Tatsache, dass er für den Aufsichtsrat kandidiere, habe sich der Aktienkurs der Kässbohrer Geländefahrzeug AG nach oben be-wegt. Dies sei ein Vertrauensbeweis. Es bleibt abzuwarten, was mit der Kässbohrer-Aktie weiterhin geschieht und vor allem mit dem Unternehmen, das immerhin im abgelaufenen Geschäftsjahr sein zweitbeste Ergebnis erwirtschaftet hat.



Herbert Wild