Vom Anlageflop zum Schuldenberg

Erschienen in:  Ärztliche Praxis Neurologie Psychiatrie 11/99, S. 41

 

Völlig überteuerte Immobilie: Lassen Sie sich nicht alles bieten!

 

So hatte sich Neurologe Peter S. sich das nicht vorgestellt:

 

Die Anlage in das vor Jahren angeschaffte Mietshaus ist ein Flop, und er sitzt auf einem riesigen Schuldenberg. Viel zu schnell hatte er, wie viele andere gutgläubige Anleger auch, eine völlig überteuerte Immobilie erworben, um Steuern zu sparen. In so einem Fall kann es sehr hilfreich sein, ein klärendes Gespräch mit der Bank zu führen und - wenn gar nichts mehr hilft - eine Klage

einzureichen!            

 

Damals hatte alles so vielversprechend geklungen. Ein Vermögensberater empfahl ihm bei einem Besuch in seiner Praxis, sich eine hochwertige Immobilie in Sachsen zuzulegen, um Steuern zu sparen. Mit den garantiert hohen Mieteinnahmen des Objektes könne der Neurologe die Kreditraten finanzieren. Der Wert des Hauses nehme im Laufe der Jahre zu. Ein echtes Schnäppchen also!

 

Den Darlehensvertrag der finanzierenden Bank hatte der Berater zufällig auch gleich dabei. Ehe sich Peter S. versah, war der Kredit bewilligt und der Kaufvertrag notariell beglaubigt. Später stellte sich dann heraus, daß der angeblich zu erzielende Mietzins viel zu hoch gegriffen war. Das Objekt hatte bei weitem nicht den angegebenen Wert. Von Wertsteigerung war auch keine Spur der Erlös beim Verkauf des Hauses brachte daher bei weitem nicht daß ein, was der Neurologe früher bezahlt und wofür er ja den dementsprechend hohen Kredit

aufgenommen hatte!

 

Wie Peter S. geht es nach Schätzungen von Experten mittlerweile über

100 000 Anlegern, die sich Anfang der neunziger Jahre, von Steuervorteilen gelockt, übereilt für völlig überteuerte Immobilien entschieden. Schwer ist es, gegen die Verursacher des Dilemmas vorzugehen:

 

Zwar ist es eine Möglichkeit, gerichtlich gegen den Berater, Bauträger, Notar und die Bank vorzugehen. Doch das hat nicht viel Aussicht auf Erfolg. Erfahrungsgemäß melden Vermittler sowie Bauträger schon vor oder nach der Klage Konkurs an. Der Notar wird zwar in einigen Fällen gegen seine Sorgfalts- und Beraterpflichten verstoßen haben. Dies vor Gericht beweisen zu wollen scheitert jedoch meistens an fehlenden Zeugen.

 

Bleibt nur noch die Bank. Diese haftet seit einer BGH-Entscheidung (Az.: XI ZR 318/95) für das Handeln des Vermittlers, der bei diesen Deals gegen seine Beraterpflichten verstoßen hat. Solche Gerichtsverfahren ziehen sich erfahrungsgemäß über Jahre hinweg, was für die Bank als Unternehmen mit eigenen Anwälten kein Problem ist. Darum ist es am erfolgreichsten, zuerst mit der Bank zu reden. Diese ist gegebenenfalls bereit, einen Teil der Kreditsumme nachzulassen und die Zinsen auf dem derzeit günstigen Niveau auf längere Sicht festzuschreiben. Machen Sie klar, daß Sie Ihre Rechte kennen und notfalls auch bereit sind, vor Gericht zu gehen. Eine Bank hat auch Angst vor Imageverlust.

 

Herbert Wild